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Meine Honda-Insight-Geschichte
Es war einmal...
Man schrieb das Jahr 2000, es war einmal einer dieser
langweiligen, verregneten Feierabende als Praktikant.
Mein Praktikum absolvierte ich bei der Facility Management
Division des Washington County in Oregon.
Ich hatte kaum Geld, ein Dollar war zu dieser Zeit bis zu 2,38 DM
wert.
Deshalb fuhr ich meistens mit dem Bus und der S-Bahn von meinem
Appartment in Tigard nach Hillsboro ins Büro und abends
zurück.
Es war also an einem dieser Abende, der Bus fuhr von Beaverton weg
und an den vielen Autohändlern vorbei. Die Händler dort
hatten erheblich mehr Fahrzeuge als der durchschnittliche deutsche
Händler und meistens in Vollaustattung und vor Chrom
blickend.
Der Honda-Händler war dagegen eher klein für diese
Verhältnisse.
Durch das Schaufenster sah ich ein eigenartiges, windschnittiges
Coupe, das ich so noch nie gesehen hatte. Zu dieser Zeit hatte ich
auch im Praktikum mit dem Thema Energie zu tun, war auch auf das
Fahren mit Pflanzenöl gestoßen und recherchierte
über die Energiekostenentwicklung.
Am darauffolgenden Samstag war ich beim Händler und saß
im Coupe - es war überraschend bequem, kein Vergleich zu VW
Polo oder Fiat Panda der damaligen Zeit.
Schon damals hatte mich der Plan fasziniert, ein Fahrzeug zu
kaufen und nach Deutschland mitzunehmen - allein der Honda kam
dafür nicht in Frage: Umgerechnet rund 40.000 DM waren eine
andere Welt. Selbst ein Audi 5000 turbodiesel oder ein alter Golf
Diesel waren zu teuer. Die Versicherungsprämie für ein
halbes Jahr lag (für ausländische Studenten...) bei
mehreren Hundert Dollar und hätten mein Budget bei weitem
überschritten.
So vergingen Jahre, der Honda Insight war immernoch im Hinterkopf
und wurde immer verglichen mit aktuellen Fahrzeugen in
Deutschland.
Nach meiner Fiat-Panda-Zeit (4,5-7,5 L/100 km) kam der Fiat Marea
1,6 16V (8,5 l/100 km) und der zuverlässige Golf 3 variant
syncro tdi (6,2 l/100 km).
Es änderten sich auch die Rahmenbedingungen laufend.
Pflanzenöl mußte versteuert werden und wurde durch die
Beimischung als Rapsmethylester zum Diesel auch teuerer. Die
Fahrstrecken wechselten mit den beruflichen Anforderungen, alte
Dieselmotoren wurden wegen Feinstaub aus den Innenstädten
verbannt.
So war ich 2009 im Blick auf die Zukunft bemüht,
frühzeitig eine Lösung zu finden, die langfristig
Bestand hat.
Neben dem Insight kamen auch sparsame Dieselfahrzeuge in Betracht,
jedoch schien mir der Preis für diese Fahrzeuge zu hoch - der
Dollar war mittlerweile viel billiger und so war der Preis
für einen alten Diesel von 2002/2003 ähnlich hoch wie
der für einen 2005/2006er Honda Insight.
Für Februar/März 2010 war eine längere Urlaubsreise
in die USA geplant, da ich mich für mein Fernstudium neben
der Vollzeitarbeit auch belohnen wollte.
Ich hatte fest vor, statt einen Mietwagen zu nehmen dieses Mal
einen Wagen zu kaufen und damit auf Reisen zu gehen.
Über www.autotrader.com schrieb ich zwei Händler an,
deren Insights mir mit den geringen Laufleistungen und dem jungen
Alter auffielen. Während vom Verkäufer des Fahrzeugs in
Alaska keine Antwort kam und das Inserat kurz darauf verschwand,
gab es vom Anbieter aus Baton Rouge sogar einen Gutschein
über 150 Dollar.
Auch die Versicherung sollte eigentlich hinhauen, hatte ich doch
mit einem Anbieter in Deutschland sowie Freunden in den USA
gemailt.
Da ich vorher schon den Flug gebucht hatte (nach San Francisco und
nach Hause ab Atlanta) buchte ich online einen Flug von San Jose
nach Baton Rouge. Im Internet fand ich dann auch noch einen Zug
von San Francisco nach San Jose. Theoretisch sollte alles
funktionieren...
Es kommt meistens anders. So auch hier.
Mein Zug von San Francisco nach San Jose kam so spät an, dass
ich die Maschine nicht mehr erwischte. Netterweise wurde ich auf
die nächste Maschine umgebucht - das kostete aber so ziemlich
einen Tag. Spät kam ich in Baton Rouge im Motel6 an, irgendwo
am Rand der Stadt, aber in gefühlter Laufnähe zum
Autohändler.
Am nächsten Tag lief ich also hin - ohne Sonnencreme und
Gehweg, wohl rund 10km! Die netten Verkäufer hatten ja lauter
schöne Fahrzeuge...aber keinen blauen Honda Insight! Trotz
vorheriger E-Mails und Anfragen...
Neben einem ordentlichen Sonnenbrand hatte ich mir eine deftige
Schlappe eingehandelt. Wie immer in den USA: What you see is what
you get - nur das Auto, das du real siehst, kannst Du auch kaufen
- außer vielleicht auf Ebay ;)
Aber zurück nach Baton Rouge:
Das war insofern dumm, weil damit mein ganzes Konzept für den
Urlaub gescheitert war.
Also Umdisponieren: Ich buchte über das Internet einen
Mietwagen für die kommenden Wochen ab Atlanta und kaufte ein
Greyhound-Ticket von Baton Rouge nach Atlanta.
Atlanta hat einen gewaltigen Vorteil gegenüber Baton Rouge:
einen gutausgebauten öffentlichen Nahverkehr. So holte ich
meinen Mietwagen vom Flughafen ab und war endlich unabhängig
mobil.
Nachdem Insight Nr. 1 weg war, legte ich meine Reiseroute so, dass
ich im Rest von den 4 Wochen möglichst alle anderen
Kandidaten ansehn konnte.
Das dauert natürlich, wenn man nebenbei auch etwas Urlaub im
eigentlichen Sinn machen will...
Nach meinem obligatorischen Floridabesuch ging es über Las
Vegas nach Kalifornien. Der Insight dort war alt (2001) und eher
schlecht geflickter Schrott - ich fuhr sofort weiter.
Nach etwas längerer Zeit und via Oregon, Washington State,
...South Dakota und Wisconsin war ich in Michigan. Der 2006er
Insight dort war in Superzustand, der Preis war jedoch
astronomisch: über 17.000 Dollar war auch mir zuviel - das
wäre der Endpreis für ein Neufahrzeug der 2. Generation!
Noch zwei Kandidaten hatte ich und die Reise ging schon dem Ende
entgegen. Ein 2001er Insight in silber mitten in der Pampa von
Kentucky für nur 7500 Dollar - da war ich schon am
grübeln ob der nicht ausreichend würde, zumal er gut
aussah. Ich beschloß, den letzten Insight in Mechanicsville,
Virginia anzusehen und im Zweifelsfall zurückzufahren nach
Kentucky. Letzlich wurde es doch der blaue 2005er Insight in
Virginia. Neben lupenreiner Weste (kostenloser lemon check / eine
Art Auskunft über alle Unfälle, Halterwechsel etc.) und
dem geringeren Alter war auch die Unterstützung des
Verkäufers gut. In 4 Tagen ging der Flieger zurück und
dann sollte alles geregelt sein. Ich zahlte also mein Fahrzeug mit
Kreditkarte, mit dem Verkäufer wurde der Transport
organisiert und noch während meiner Anwesenheit wurde das
Fahrzeug abtransportiert. Den Transport übernahm DAS, obwohl
ich mir sicher einiges gespart hätte, wenn ich meine Adressen
aus Deutschland genutzt hätte - aber die Zeit drängte.
Mit meinen Dokumenten (title = Fahrzeugbrief, Kaufvertrag etc.)
fuhr ich nach Atlanta. Dort ließ ich mir beglaubigte Kopien
bei der Stadt anfertigen - kostenlos, dafür nochmal ein
Dankeschön an die City of Atlanta. Die Originale mußten
zur Verschiffungsfirma - ein ungutes Gefühl, die eigenen
Papiere aus der Hand zu geben. Dennoch - es ging alles gut. Die
Papiere kamen recht schnell nach Deutschland per Kurier,
allerdings muss man schon mit einigem Geld (~100 €) rechnen
für mehrfachen sicheren Versand.
So, jetzt war es unterwegs - mein erstes selbstimportiertes
Fahrzeug...
Damit war es aber noch lange nicht in Deutschland und im
Verkehr...
Ich hatte bereits vorher angefragt, was die Umrüstung eines
Honda Insights für die Zulassung im deutschen Strassenverkehr
kosten würde. In der Regel bekam ich keine Aussage - vor
allem nicht von den Honda-Händlern in Nürnberg.
Ich fragte noch zwei professionelle Umrüster aus dem Internet
an, einer wollte Daten, die ich zu diesem Zeitpunkt nicht hatte
und wollte auch keinen Preis nennen, der andere fragte gar nichts,
aber machte einen Pauschalpreis.
Da ich so schnell wie möglich den Honda nutzen und den
damaligen Golf verkaufen wollte, sagte ich zu.
Die ganzen Zoll und Steuerformalitäten erledigte der Partner
von DAS in Bremerhaven, so dass ich keinen Aufwand damit hatte -
außer die dicke Rechnung zahlen: 19% MwSt. und 10% Zoll +
die Dienstleistung des Agenten.
Das Fahrzeug wurde vom Umrüster abgeholt und noch vereinbart,
ein paar Teile zu lackieren, die doch etwas vom Steinschlag
amerikanischer Strasse mitgenommen waren.
Und es dauerte und dauerte...
Nach rund 3 Monaten wurde ich unruhiger, der Umrüster kam mit
immer anderen Ausreden, was noch alles notwenig wäre:
Abgasgutachten, Lichtgutachten, EMV-Gutachten...
Schon an diesem Punkt hatte ich meine Zweifel und fragte Preise
bei Gutachtern an.
Die angeblichen Preise waren höher als ich sie selbst bei
Gutachtern erfragt hatte. Dennoch passierte nichts. Ich bekam
weder Angebote vorgelegt noch eine offizielle Aussage des
TÜVs oder der Dekra.
Ich begann regelmässig Montag morgens anzurufen und
nachzufragen, aber die Antworten beunruhigten mich mehr...
Nachdem ich schon Alpträume hatte, der Wagen wäre
längst zerlegt und verkauft oder wird vom Umrüster als
heimlicher Dienstwagen genutzt, habe ich mich entschlossen den
Wagen wie er ist nach Hause zu holen.
Wegen zeitlicher Engpässe mußte ich wohl oder übel
einen Privatermittler beauftragen, den Wagen sicherzustellen, auch
um ggfs. einen unabhängigen Zeugen zu haben, wenn das
Fahrzeug vom Umrüster genutzt worden wäre.
Als das - gegen Zahlung von Honorar und der Rechnung der
geleisteten Arbeiten - herausgegebene Fahrzeug in Sicherheit war,
fiel mir ein Stein vom Herzen.
Am folgenden Freitag abend mietete ich mir einen
Autotransportanhänger, der zusammen mit dem Honda Insight
gerade so die Anhängelast meines Golf tdi syncro auf die
Waage brachte und fuhr bis nach Hasselberg, übernachtete im
Auto, wie ich es auch in den USA schon öfter praktiziert
hatte. Innerhalb von 24 Stunden war ich von Nürnberg nach
Bremerhaven und wieder zurückgefahren und der blaue Honda
Insight in der elterlichen Garage sicher untergebracht.
Wegen der Weihnachtszeit und schlechtem Wetter stand die blaue
Flunder dort erstmal bis Ende Januar 2011.
Ich kann mich auch noch düster an die erste Fahrt erinnern...
Durch die lange Standzeit hatte die Startbatterie ihr Leben
ausgehaucht und die 144-Volt-Hybridbatterie war leer, genauso wie
der Tank. Ich kam genau bis zur ersten Kurve wo der Motor, der
anfangs noch normal ansprang wieder ausging. Es war als hätte
der Motor keine Leistung, zeigte aber auch keine
Ladetätigkeit im Display an.
Auch der Marsch mit Benzinkanister zur Dorftankstelle und das
Nachfüllen von erstem europäischen Sprit brachte keine
Besserung. Also Überbrücken! Doch auch hier wollte sich
keine wirkliche Leistungssteigerung der kleinen 12Volt-Batterie
einstellen. Ich schob etwas frustriert den Wagen in eine
Lücke der damals enormen Schneehaufen und baute die Batterie
aus.
Nun, mit der neuen Batterie fuhr der Wagen als sei nie etwas
gewesen.
Nur kurze Zeit später, es war Januar 2011, fuhr ich mit
Kurzzeitkennzeichen zum TÜV. Zwei Wochen später hatte
ich meine Vollabnahme - ohne extra Gutachten!
Nur die Nebelschlußleuchte wurde wegen falscher Verschaltung
bemängelt.
Hätte ich gleich alles selbst erledigt, ich wäre
deutlich günstiger gefahren und schneller an mein Ziel
gekommen:
Unterm Strich mußte nur die Nebelschlußleuchte
ausgetauscht werden, andere Komponenten waren mit
E-Prüfzeichen bereits zulässig, die fehlende
Leuchtweitenregulierung wurde per Ausnahmegenehmigung akzeptiert.
Erst mit dem Baujahr 2006 wäre eine EMV-Prüfung
fällig geworden, da hatte ich einfach Glück!
Inzwischen ist fast ein Jahr vergangen und der Wagen hat über
8000 km seine Zuverlässigkeit bei mir unter Beweis gestellt.
Es gefällt mir, wenn Menschen auf die unkonventionelle
Formgebung aufmerksam werden und sich für das Thema Energie
und Mobilität interessieren.